Man hört auf diversen Kanälen, dass es renditeförderlich sei, Re-Balancing seines Aktienportfolios zu betreiben. In diesem Artikel werde ich die Auswertung historischer Daten bezüglich geographischen Anteilsausgleichs der populären Aktien-ETF-Indizes MSCI World und MSCI Emerging Markets präsentieren.

Bevor ich hier weiter über ein Finanzthema schreibe, weise ich darauf hin, dass ich so gar kein Finanzexperte bin, sondern nur eine Privatperson, die sich für ihre eigene Altersvorsorge und andere Finanzthemen interessiert, daher solides Halbwissen anhäuft und dabei auf seinen mehr oder weniger gesunden Menschenverstand vertraut und hin und wieder einen Rechner programmiert.

Gegeben sei ein Weltportfolio

Angenommen, eine Person, nennen wir sie Elisa, möchte für ihre Altervorsorge vom weltweiten Kapitalmarkt profitieren. Ihr Aufwand solle dabei möglichst stark beschränkt werden. Nun hört Elisa, dass man mit ETFs sehr einfach die Weltwirtschaft nachbilden kann, um von den Gewinnen mannigfaltiger börsennotierter Firmen zu profitieren. Ein Index namens MSCI ACWI und ETFs die diesen nachzubilden versuchen erscheinen Elisa auf den ersten Blick passend. Elisa bemerkt allerdings, dass der MSCI ACWI zu über 50% Anteile US-amerikanischer Firmen beinhaltet. Spiegeln die USA wirklich die halbe Weltwirtschaft wieder? Dem Kriterium der Marktkapitalisierung folgend, das hier verwendet wird, ist das der Fall. Neben der Marktkapitalisierung gibt es auch andere Kriterien zur Nachbildung der Weltwirtschaft, siehe z.B. Finanzfluss oder Justetf. Eine Alternative zu 100% ACWI beinhaltet den Index MSCI World zu 70% und den Index MSCI Emerging Markets zu 30%.

Geografisches Re-Balancing

Angenommen, Elisa habe sich für 70% MSCI World und 30% Emerging Markets entschieden. Des Weiteren habe sich das Portfolio nach einiger Zeit zu einer Aufteilung 75%-25% verschoben. Nun fragt sich Elisa, ob und wann sie die ursprüngliche Aufteilung von 70%-30% wiederherstellen soll. Dieses Wiederherstellen nennt sich Re-Balancing. Oben erwähnte diverse Kanäle wie beispielsweise Justetf oder Finanzfluss postulieren, dass das Re-Balancing breit gestreuter Aktien-ETFs der Rendite zuträglich sei. Wenn das stimmt, erhöht eine schlechtere Rendite über einige Zeit die Wahrscheinlichkeit für bessere Rendite in einem späteren Zeitraum. Finanzfluss empfiehlt einfach jährlich die Abweichung von der ursprünglichen Aufteilungsstrategie zu überprüfen und entsprechend zu handeln. Justetf geht sogar noch einen Schritt weiter und schlägt vor ständig die Aufteilung zu überwachen, was deutlich zeitintensiver ist. Wenn es Elisa genauer wissen möchte, kann sie diesen Rechner*Implementiert in Rust und kompiliert zu WebAssembly verwenden. Dort gibt es folgende Möglichkeiten:

  • Simulation von Kursverläufen
  • Gegentesten einiger historische Indizes wie den MSCI World und den MSCI Emerging Markets*Die Daten habe ich auf curvo.eu/backtest gefunden. Dort gibt es noch deutlich mehr und genauere Möglichkeiten zum historischen Gegentesten.

In der folgenden Tabelle sind die Werte für die 70/30 Aufteilung zu sehen. Man beachte, dass eventuelle Kosten wie Steuern, Transaktionsgebühren oder Arbeitsaufwand Elisas nicht beachtet werden.

Laufzeit Re-Balancing Interval Jährliche Rendite
12/1987 - 12/2022 kein Re-Balancing 8,92 %
12/1987 - 12/2022 1 Monat 9,02 %
12/1987 - 12/2022 1 Jahr 9,29 %
12/1987 - 12/2022 2 Jahre 9,28 %
12/1987 - 12/2022 4 Jahre 9,41 %
12/1987 - 12/2022 6 Jahre 9,94 %
12/1987 - 12/2022 8 Jahre 9,40 %
12/1987 - 12/2022 10 Jahre 9,17 %

Wie man sieht, ist in den historischen Daten Re-Balancing tatsächlich renditefördernd*oder der Rechner hat noch den einen oder anderen Bug. Gerade dass 6 Jahre als Re-Balancing in der Vergangenheit so viel zusätzliche Rendite eingebracht hätten, empfinde ich als überraschend. Den richtigen Zeitpunkt im Vorhinein zum Re-Balancing zu wählen erscheint mir jedoch nicht trivial. Nun schöpfe ich den Verdacht, dass Elisa nicht einmal jährlich die geografische Aufteilung ihrer Anteile zu überprüfen braucht und auch nicht auf jede Miniänderung sofort reagieren sollte. Man bedenke, dass Änderungen durchaus Zeit und unter Umständen auch Euros kosten. Alternativ zum strikt zeitlichen Re-Balancing könnte man erst ab einer gewissen Höhe der Abweichung zur Ausgangsstrategie ausgleichen, wie es auch Justetf vorgeschlagen hat. Die folgende entsprechende Tabelle wurde wieder mit Hilfe von besagtem Rechner erstellt.

Laufzeit Re-Balancing Abweichung Jährliche Rendite
12/1987 - 12/2022 kein Re-Balancing 8,92%
12/1987 - 12/2022 1% 9,09%
12/1987 - 12/2022 5% 9,24%
12/1987 - 12/2022 10% 9,33%
12/1987 - 12/2022 20% 9,19%
12/1987 - 12/2022 30% 9,64%
12/1987 - 12/2022 50% 8,92%

Gegen die 6-Jahresstrategie kommen die Schwellwerte auch nicht an. Retrospektiv bestimmt unser Rechner, dass die beste*Wir haben nur über ganzzahlige Abweichungen in Prozent und Monate optimiert. aller Strategien zu 10,28% jährliche Rendite führt. Dazu hätte man alle 81 Monate ausgleichen müssen falls zu dem Zeitpunkt eine min. 9%-tige Abweichung von der gewünschten Aufteilung vorhanden ist. Hinterher ist jeder schlauer. So richtig viel für die Zukunft aus dem Ganzen abzuleiten fällt mir schwer. Es bleibt jedenfalls die Erkenntnis, dass jährliches Re-Balancing nicht total viel gebracht hätte vor allem wenn man bedenkt, dass es wenigstens Zeit gekostet hätte.